Das Bundeskartellamt geht bei seiner Spruchpraxis zum Onlinehandel davon aus, dass der bundesweite Onlinehandel Wettbewerbsdruck auf den regionalen Stationärhandel ausübt. Dieser Wettbewerb im und durch den Onlinehandel soll Preisdruck auf den stationären Fachhandel ausüben.
Wenn man davon absieht, dass die Spruchpraxis des Bundeskartellamts zum Onlinehandel m.E. in den wesentlichen Punkten weder durch die Gesetzeslage, noch durch die höchstrichterliche Rechtsprechung gedeckt ist, halte ich sie auch in der Sache für problematisch.
Als Markeninhaber muss ein Hersteller nicht nur über die Entwicklung und Gestaltung eines Produktes entscheiden können. Er muss auch darüber entscheiden können, auf welchen Wegen und in welchem Dienstleistungskontext sein Markenprodukt vertrieben wird. Daher muss er entweder frei entscheiden können, welche Produkte Online vertrieben werden dürfen, oder er muss – ähnlich wie in den USA – Mindestabverkaufspreise für seine Produkte vorgeben dürfen.
Nach deutschem Recht hat der Verbraucher einen Anspruch darauf, dass er für sein gutes Geld auch gute Ware bekommt, die frei von Sach- und Rechtsmängeln ist (sog. Äquivalenzinteresse). Auch kann er verlangen, dass die Produkte die einschlägigen Sicherheitsanforderungen erfüllen (sog. Integritätsinteresse). Ich sehe aber keine Rechtsgrundlage dafür, dass ein Verbraucher einen rechtlich verbrieften Anspruch darauf hat, auf einfachste Weise immer den günstigsten Preis zu finden oder durchsetzen zu können.
Die deutschen und europäischen Kartellbehörden haben in der Vergangenheit ihren Fokus auf die sogenannte Verbraucherwohlfahrt gelegt. Das heißt in diesem Zusammenhang, dass insbesondere Preisvorteile als Effizienzgewinne an den Verbraucher weiterzugeben sind. Zukünftig muss es darum gehen, auch qualitätsorientierten Herstellern und (stationären) Handelsformaten faire Gewinnchancen zu eröffnen.
Daher ist zu klären, wann kartellrechtlich erwünschter Preiswettbewerb in unerwünschten Preisverfall mündet. Im Kern also, wieviel Intrabrand-Preiswettbewerb ein Markenhersteller hinzunehmen hat.