Von: Prof. Dr. Dr. h.c. Helmut Kohlert, Marketing-Berater

An der Schnittstelle zwischen dem Marketing und dem Vertrieb steht im Verkaufsprozess eines Unternehmens die Bewertung der Geschäftsgelegenheit, der „Business Opportunity“. Der Erfolg im Vertriebsaufbau hängt in hohem Maße davon ab, inwieweit es gelingt, Kontakte richtig einzuschätzen und die wertvolle Ressource Zeit nur für die erkannten „Business Opportunities“ einzusetzen.

Diese Situation kennt jeder. Wieder einmal ist die Zeit zu kurz, für alles, was man noch prüfen, dokumentieren und erledigen sollte. Daher sind das Setzen von Prioritäten, die Einführung von Strukturen und das Zeitmanagement wichtige Größen für die erfolgreiche geschäftliche Entwicklung. Kein Bereich in einem Unternehmen wird damit stärker konfrontiert, als der Vertrieb.

Nur von strategischen Kunden alleine, die in der Zukunft vielleicht einmal kaufen könnten, kann der Verkäufer nicht leben. Es gilt also, aus Geschäftschancen auch „klingende Münze“ zu machen.

Dazu muss der Vertriebsmitarbeiter sich sehr genaue Gedanken zu seinen Kunden machen – und zwar VOR dem Gespräch mit dem Gesprächspartner.

 

Es ist für den Verkäufer wesentlich einfacher, vorhandene Problemlösungsprojekte beim Kunden zu unterstützen und weiter zu verfolgen, als dem Kunden etwas völlig Neues zu verkaufen. Soll der Verkäufer also Umsatz mit neuen Produkten oder Dienstleistungen generieren, ist es wichtig, die genaue Aufgabenstellung und die bisherigen bzw. die laufenden Projekte des Kunden zu kennen.

Wie sehen die Kundenbedürfnisse aus? Was sind die Schlüsselthemen und Ziele für dieses begonnene Projekt? Wer war Initiator des Projekts? Wer arbeitet bereits in dem Projekt? Wie passt dieses Projekt zu der Geschäftsstrategie des Kunden? Wie ist die Problemsituation des Kunden, die ihn bewegt (Dringlichkeit) und die für ihn wichtig ist (Wichtigkeit)? Das beeinflusst dann letztendlich die Entscheidungsfreude des Kunden.

 

Dass es in einer Organisation immer Kräfte gibt, die sehr hart gegen die unterschiedlichsten Dinge kämpfen, muss immer bedacht werden. Welche Motivatoren hat also Ihr Gesprächspartner, welche der kundenseitige Entscheider und welche Ihr der Verhinderer Ihres Vertriebserfolges?

Das Unternehmensprofil des Kunden zu kennen ist unerlässlich, um eine „Business Opportunity“ zu bewerten: Welche Marktangebote bietet er an? Welches sind seine Schlüsselmärkte und wer sind seine Schlüsselkunden? Wer sind seine Wettbewerber? Welche „Business Driver“ wirken auf das Unternehmen des Kunden ein? „Business Driver“ sind die Faktoren, die dem Verantwortlichen im Unternehmen schlaflose Nächte bereiten und von denen der Erfolg des Unternehmens abhängt.

 

Eine „Business Opportunity“ setzt immer ein Budget voraus: Welche Umsatz- und Gewinntrends sind erkennbar? Wie steht es um die Finanzen des Kunden im Vergleich mit seinen Wettbewerbern? Wie sieht die finanzielle Perspektive des Kunden aus? Welches sind seine entscheidenden Leistungsdaten? Wie hoch ist das für dieses Projekt zur Verfügung stehende Budget? Wie sieht der Budgetprozess aus? Welche Priorität nimmt das Projekt im Vergleich zu anderen Projekten ein? Wie könnten die Finanzmittel des Kunden alternativ eingesetzt werden?

Sind diese Schritte durchlaufen, kann die Frage nach dem Bestehen einer Geschäftsgelegenheit beantwortet werden. Daran schließen sich noch die Fragen, ob man in der Lage ist, diese auch erfolgreich zu nutzen und man im Verkaufsprozess gegenüber alternativen Anbietern oder Lösungen bestehen kann.

 

Aber Vorsicht! Bei aller Kundenorientierung darf aber ein Punkt nie vergessen werden: Gewinnen will man einen neuen Auftrag letztendlich nur dann, wenn er sich für das eigene Unternehmen rechnet. Mangelhafte Planung des Anbieters hat schon viele „super Geschäfte“ zu einem bedrohlichen Ressourcen- und Deckungsbeitragsfresser werden lassen.
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